Das Klavier eines Synästhetikers

– in Kooperation mit Schilan Sanai

Synästhesie ist eine komplexe Strukturveränderung des Gehirns, welche den Betroffenen ermöglicht, völlig neue Zusammenhänge herzustellen und Fähigkeiten zu entwickeln, die teils fast “übermenschlich” erscheinen.

Eine Freundin von mir besitzt diese Fähigkeit. Ihre Synästhesie drückt sich durch das Hören von Farben aus.

Mit ihr zusammen erstellte ich eine geläufige Tonleiter:

C D E F G A B C

Gestalterisch dokumentierte ich das Verhältnis, in dem der gespielte Laut und ihre farbige Wahrnehmung zueinander stehen, durch eine Klaviatur mit bunten Tasten. Ein Ziel von mir war es, ihre Synästhesie soweit visuell nachzuempfinden, dass auch Menschen ohne diese Fähigkeit ein realistisches Bild einer solchen Erfahrung erhalten – so wie beispielsweise LSD-Trips visuell rekonstruiert werden, um Auskunft darüber zu geben, was der Konsument sieht, das andere nicht sehen.

Dies erwies sich als schwierig, da meine Freundin nicht in der Lage ist, die visuellen Farberscheinungen in Worten genau zu definieren – Sie kann die Farben zwar klar sehen und emotional erfassen, doch nicht genau analysieren wie sie in Erscheinung treten, zumindest bei geöffneten Augen.

Bei geschlossenen Augen füllt die jeweilige Farbe das Schwarz völlig aus. Besonders ist, dass sie alle Farben stark gesättigt und ähnlich leuchtstark wahrnimmt.

Hat eine Farbe in ihrer Wahrnehmung eine besondere Schwere oder Leichte, handelt es sich um eine vollkommen emotionale Einordnung, nicht aber um beispielsweise einen „leichten“ Pastellfarbton, wie wir ihn abstrahiert und analytisch wahrnehmen würden. Neben der Tonleiter haben wir einen D-Moll Akkord und einen C-Dur Akkord betrachtet, sowie was geschieht, wenn zwei Noten C gleichzeitig gespielt werden. Allgemein zeigte sich die Tendenz, dass Moll eher bläuliche Töne annahm, während Dur rötliche Farbtöne annahm.

Dies sind Assoziationen, die in ähnlicher Form auch Nicht-Synästhetiker haben können, wenn man sie bitten würde, den Tongeschlechtern Farben zuzuordnen.

Die gleichzeitig gespielten C-Noten werden zu einem Orange, obwohl einer der Töne einzeln gespielt zuvor Cyan war. Zudem doppeln sich einige Farben in ihrer Wahrnehmung, aber sie konnte mit Bestimmung sagen, dass das A beispielsweise dunkelbraun und traurig sei. Letztlich ging es mir darum, die Töne zu dokumentieren und mit ihr zusammen die exakte Farbe, wie sie sie sieht, zu notieren.